Diabetes und Parodontitis

Wie sich Diabetes und Parodontitis gegenseitig befeuern und was Sie dagegen tun können 

Wussten Sie, dass es zwischen Diabetes und Parodontitis einen engen Zusammenhang gibt? Die schlechte Nachricht: Beide Erkrankungen erhöhen das Risiko für die jeweils andere und verstärken sich wechselseitig. In der Kombination sind sie ein wahres „Duo infernale“. Doch die gute Nachricht ist: Es lässt sich etwas gegen diese „unheilvolle Allianz“ unternehmen.  

In diesem Blogbeitrag zeigen wir Ihnen auf, warum sich Prophylaxe und professionelle Zahnreinigungen (PZR) für Diabetiker besonders lohnen und was Sie als Betroffene selbst tun können. 

Was ist Parodontitis? 

Damit wir den Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen erläutern können, klären wir zunächst, was Parodontitis, fälschlicherweise oft Parodontose genannt, überhaupt ist. Zusammenfasst handelt es sich um eine chronische bakterielle Zahnfleischentzündung, die mit Knochenabbau einhergeht. Der Übergang von einer heilbaren einfachen Zahnfleischentzündung (Gingivitis) bis hin zu einer lebenslang behandlungsbedürftigen chronischen Parodontitis ist fließend.  

Wie kommt es zu bakteriellen Entzündungen im Mundraum? 

Bakterien im Mund sind völlig normal. Viele von ihnen übernehmen wichtige Aufgaben, wobei sich „gute“ und „schlechte“ Bakterien normalerweise im Gleichgewicht befinden. Wenn die weichen und harten Zahnbeläge (Plaque und Zahnstein) jedoch nicht regelmäßig entfernt werden, nehmen die schädlichen Bakterien Überhand. Diese Bakterien leben von den Zuckerverbindungen in den Zahnbelägen und können sich dank des übergroßen Nahrungsangebots schnell vermehren. Mit ihren Stoffwechselprodukten äußerst aggressiven Säuren, können sie sowohl die Zähne als auch Zahnfleisch und Kieferknochen schädigen. Mit einer Entzündung versucht das Immunsystem, die Bakterienlast im Mund loszuwerden. Manchmal reagieren die Patienten jedoch mit einer übersteigerten Immunantwort, weshalb es ohne Eingreifen des Zahnarztes zu chronischen Entzündungen im Zahnhalteapparat kommt. Die individuelle Immunantwort ist die Erklärung dafür, warum nicht alle Menschen, die ihren Mundraum nicht richtig pflegen, eine Parodontitis entwickeln. Für deren Entstehung kommen jedoch noch weitere Ursachen wie etwa Umweltfaktoren, Nikotinkonsum und Diabetes mellitus infrage. 

 Diabetes erhöht die Entzündungsneigung 

Vor allem der Typ 2-Diabetes ist im Zusammenhang mit entzündlichen Prozessen im Mund bedeutsam, da dieser die Entzündungsneigung im Körper generell erhöht. Das individuelle Parodontitisrisiko korreliert somit stark mit der Blutzuckerkontrolle. Erfolgt diese nicht oder unzureichend, besteht ein zwei- bis dreifach höheres Risiko, an Parodontitis zu erkranken.  

Was ist Diabetes? 

Diabetes ist ein chronischer Gesundheitszustand, der beeinflusst, wie der Körper Nahrung in Energie umwandelt. 

Der größte Teil der Nahrung wird in Zucker (Glukose) zerlegt, der an den Blutkreislauf abgegeben wird. Ein ansteigender Blutzuckerspiegel signalisiert der Bauchspeicheldrüse, Insulin auszuschütten. Insulin ist ein Stoff, der es ermöglicht, dass Blutzucker in die Körperzellen gelangt, die ihn als Energiequelle für ihre Prozesse nutzen.  

Bei Vorliegen eines Diabetes produziert der Körper entweder nicht genug Insulin oder kann das von ihm produzierte Insulin nicht richtig einsetzen. Dadurch bleibt zu viel Blutzucker im Blutkreislauf. Im Laufe der Zeit kann dies zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen.  

Welche Diabetes-Typen gibt es? 

Typ 1-Diabetes 

Beim Typ 1 Diabetes produziert der Körper nicht genügend Insulin. Insulin ist ein Hormon, das die Aufgabe hat, den Zucker im Blut zu den Zellen zu transportieren, die ihn zur Energiegewinnung benötigen. Ausgelöst wird der Typ-1-Diabetes meist durch eine Autoimmunreaktion, bei der sich die körpereigene Abwehr gegen die Beta-Zellen des eigenen Körpers richtet und diese zerstört. Die Beta-Zellen sind für die Produktion von Insulin verantwortlich. 

Typ 2-Diabetes 

Beim Typ-II-Diabetes kann der Körper nicht mehr ausreichend auf die Stimulation durch das Insulin reagieren. Mögliche Ursachen für diese Form von Diabetes sind die Gene, das Alter, ein vorangegangener Schwangerschaftsdiabetes sowie ein ungesunder Lebensstil mit Übergewicht und Bewegungsmangel. Ein ungesunder Lebensstil ist verantwortlich für die Entstehung von hohen Blutzuckerwerten, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen (metabolisches Syndrom). Hierdurch steigt das Risiko, an der arteriellen Verschlusskrankheit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken. Auch das Schlaganfallrisiko ist erhöht.  

Schwangerschaftsdiabetes 

Der Schwangerschaftsdiabetes trifft Frauen ohne Diabetes-Vorgeschichte, die während ihrer Schwangerschaft aufgrund einer verringerten Insulinsekretion und einer Insulinresistenz zu hohe Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) entwickeln. In den meisten Fällen bildet sich ein Schwangerschaftsdiabetes nach der Schwangerschaft zurück. Ein kleiner Teil, hauptsächlich übergewichtige Frauen mit Bewegungsarmut und/oder Vorerkrankungen, entwickelt danach einen Typ 2-Diabetes. 

Wie wirkt sich ein Diabetes auf den Zahnhalteapparat aus? 

Wenn Diabetes unbehandelt bleibt, wirkt sich das auf die Zahn- und Zahnfleischgesundheit aus. Das liegt primär an der erhöhten Neigung zu Entzündungen und an der mit Diabetes assoziierten Mundtrockenheit. Die Folgen sind gravierend:

  • Erhöhte Kariesanfälligkeit durch verringerten Speichelfluss (Speichel schützt die Zähne) 
  • Zahnfleischentzündungen und Parodontitis  
  • Abbau von Kieferknochen und Degeneration der parodontalen Strukturen 
  • Vorzeitiger Zahnverlust durch das erhöhte Risiko von Zahn- und Zahnfleischerkrankungen 
  • Entzündliche Infektionen im Mund 
  • Pilzinfektionen im Mund 


Diabetiker leiden überdurchschnittlich häufig an schweren Formen der Parodontitis. Dies betrifft alle Typen von Diabetes mellitus.
 

Wie beeinflusst Parodontitis den Verlauf eines Diabetes? 

Leider besteht bei einem bestehenden Diabetes mellitus nicht nur ein höheres Parodontitisrisiko, sondern Zahnfleischerkrankungen können umgekehrt den Verlauf einer Diabeteserkrankung beeinflussen. Die Bakterien, die an der Entstehung von Zahnfleischerkrankungen beteiligt sind, können in den ganzen Körper gelangen und dort Entzündungen auslösen. Diese Entzündungen bremsen die Wirksamkeit von Insulin aus, wodurch es zu erhöhten Blutzuckerwerten kommt. Eine Parodontitiserkrankung erschwert die Blutzuckereinstellung, indem sie eine bestehende Insulinresistenz befeuert. Deshalb sind saubere Zähne und regelmäßige Zahnarztbesuche für Diabetiker besonders wichtig. 

Wie können Prophylaxe und professionelle Zahnreinigungen Sie bei der Blutzuckerkontrolle unterstützen? 

Parodontitis-Diagnostik mithilfe des PSI-Screenings 

Mit dem „Parodontalen Screening Index (PSI)“ stellt der Prophylaxe-Zahnarzt fest, ob ein Diabetiker unter einer einfachen Zahnfleischentzündung (Gingivitis) oder bereits an einer chronischen Parodontitis leidet. Auch Diabetes-Patienten, bei denen noch keine Parodontose festgestellt wurde, sollten alle zwei Jahre ein PSI-Screening vornehmen lassen. Im Rahmen des schmerzfreien Screenings misst der Zahnarzt mit einer Parondontalsonde die Tiefe der Zahnfleischtaschen, ein wichtiger Indikator für das Vorliegen und den Grad einer Parodontitis. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für diese Untersuchung alle zwei Jahre die Kosten.  

PSI-Index als Gradmesser für Parodontitis 

Der PSI-Index ist in 5 Stufen (Codes 0 bis 5) unterteilt. Bei Grad 0 ist alles in Ordnung. Auch die Grade 1 und 2 stellen noch keinen pathologischen Befund dar, machen jedoch eine professionelle Zahnreinigung notwendig. Die Grade 3 und 4 sind bereits ein klares Indiz dafür, dass ein behandlungsbedürftiges entzündlich-bakterielles Geschehen im Zahnhalteapparat vorliegt. In der Regel stellt der Zahnarzt auch einen Knochenabbau im Bereich der betroffenen Zähne fest. Nach einem solchen PSI-Befund folgt eine gründliche Röntgendiagnostik, damit der Zahnarzt das Ausmaß der Erkrankung und den Behandlungsbedarf feststellen kann.  

Professionelle Zahnreinigungen für Diabetiker 

Kombiniert mit einer guten häusliche Mundhygiene reduzieren professionelle Zahnreinigungen das Entzündungsgeschehen im Mund. Im Rahmen der PZR entfernt der Zahnarzt die weichen und harten Zahnbeläge (Zahnstein) von den Zähnen und aus den Zahnzwischenräumen, also dort, wo der Patient mit der Zahnbürste nicht hinkommt.  

Auf diese Weise gelangen über den Kauapparat keine entzündungsfördernden Bakterien mehr in den Körper, welche die Wirkung des Insulins ausbremsen können. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Blutzuckerkonzentration im Blut, den HbA1c-Wert, aus und erleichtert somit die Blutzuckerkontrolle. Im Ergebnis wird das Fortschreiten des Diabetes mellitus wirksam verlangsamt. 

Der Behandlungserfolg einer initialen professionellen Zahnreinigung für Diabetiker lässt sich lange bewahren, wenn der Patient sie drei- bis viermal jährlich in Anspruch nimmt.

Was können Sie als Patienten und Diabetiker selbst bei Diabetes mellitus tun? 

  • Kontrollieren Sie konsequent Ihren Blutzuckerspiegel.  
  • Verwenden Sie Ihre Diabetes-Medikamente wie von Ihrem Arzt verordnet. 
  • Ernähren Sie sich gesund mit Vollkornprodukten, hochwertigen Eiweißen und zuckerarm.  
  • Bewegen Sie sich mehr.  
  • Rauchen Sie nicht. 
  • Putzen Sie sich zweimal täglich gründlich Ihre Zähne. Benutzen Sie dabei Zahnseide und/oder Interdentaldürsten zur Reinigung der Zahnzwischenräume.  
  • Verwenden Sie nach Anweisung des Zahnarztes anti-entzündliche Mundwasser. Auch Gurgel-Lösungen mit Teebaumöl oder ein Tropfen Teebaumöl auf der Zahnbürste wirken bei Diabetes-Patienten sehr gut.   
  • Wenn Sie herausnehmbaren Zahnersatz tragen, reinigen Sie diesen zweimal täglich. 
  • Besuchen Sie regelmäßig Ihren Zahnarzt zur Vorsorge (Prophylaxe). 
  • Nehmen Sie die von Ihrem Zahnarzt angebotenen professionellen Zahnreinigungen in Anspruch. 

Fazit: Diabetiker, die ihre häusliche Mundhygiene ernst nehmen und auf regelmäßige PZR setzen, können ihren Blutzucker besser kontrollieren und so das Risiko von langfristigen Folgeerkrankungen reduzieren.